„Das Arbeitsprogramm wird seinem ambitionierten Titel nicht gerecht. Es fehlt die rote Linie und es mangelt an Vorschlägen zum Bürokratieabbau. Statt horizontaler Entlastungen dominieren sektorale Einzelvorschläge, deren Mehrwert sich nicht offensichtlich erschließt“, erklärt Markus Ferber, wirtschaftspolitischer Sprecher der EVP-Fraktion im Europäischen Parlament, zum heute vorgestellten Arbeitsprogramm der Europäischen Kommission für das Jahr 2026
Ferber betont, dass Europa in einer Phase wachsender wirtschaftlicher Unsicherheit dringend eine klare Prioritätensetzung bräuchte: „Wenn die Wettbewerbsfähigkeit das Leitmotiv europäischer Politik werden soll, dann muss sich das auch in der Arbeitsplanung der Kommission widerspiegeln. Wenn die Kommission wirklich will, dass Europa wieder zu einem attraktiven Standort für Investitionen wird, dann muss sie den Ballast der vergangenen Jahre abwerfen. 2026 sollte das Jahr werden, in dem Brüssel vom Regelmacher zum Ermöglicher wird.“
Finanzsektor: Fehlende Entlastung für Europas Banken und Märkte
Besonders enttäuschend sei, dass die im Rahmen der Mitteilung über eine Spar- und Investitionsunion angekündigte Überprüfung zur Wettbewerbsfähigkeit des europäischen Bankensektors offenbar ohne gesetzgeberische Folgen bleibt. „Dabei wäre genau jetzt der Moment, um zu zeigen, dass Brüssel verstanden hat, was die Finanzbranche belastet: zu viele Berichts- und Offenlegungspflichten, zu viel Fragmentierung, zu viele widersprüchliche Anforderungen“, so Ferber.
„Wenn wir wollen, dass unsere Banken wieder mehr Mittelstand finanzieren und weniger Bürokratie verwalten, müssen wir ihnen den Rücken freihalten. Eigentlich bräuchte es einen ‚Finanzomnibus‘“, konstatiert Ferber.
Der CSU-Finanzfachmann kritisiert zudem, dass die Kommission keine Anpassung des Nachhaltigkeitsrahmens für Banken an die verkleinerte Datenbasis aus der CSRD vorsieht. „Der Nachhaltigkeits-Omnibus hat die Berichtspflichten bewusst gestrafft. Wenn die Banken nun gezwungen sind, fehlende Informationen über eigene Fragebögen einzuholen, dann schaffen wir ein Bürokratiemonster, das den ursprünglichen Entlastungseffekt komplett neutralisiert.“
Auch dass der geplante Rahmen für das Teilen von Finanzdaten (FIDA) weiterhin im Arbeitsprogramm bleibt, hält Ferber für ein fatales Signal: „FIDA wird sich als Paradebeispiel dafür erweisen, wie sich gute Absichten in Bürokratie verwandeln. Das Vorhaben ist technisch überambitioniert, rechtlich unausgereift und wirtschaftlich völlig unverhältnismäßig. Wer Wettbewerbsfähigkeit ernst nimmt, muss solche Projekte stoppen statt sie fortzuführen.“
Verkehrspolitik: Wichtige Überprüfungen bleiben auf der Strecke
Auch im Bereich Verkehr und Infrastruktur zeigt sich aus Ferbers Sicht ein ähnliches Bild: „Während die Kommission bei den Pkw-Emissionen eine frühzeitige Überprüfung noch in diesem Jahr versprochen hat, fehlt ein vorgezogenes Review für schwere Nutzfahrzeuge im Arbeitsprogramm. Dabei ist gerade der Lkw-Verkehr das Rückgrat unserer Lieferketten. Ohne eine realistische Überprüfung der CO₂-Flottengrenzwerte riskieren wir Planungsunsicherheit für Hersteller, Spediteure und Handwerksbetriebe.“
Ferber fordert, dass die Kommission analog zur Debatte über das PKW-Verbrennerverbot noch in diesem Jahr die Vorarbeiten für ein Lkw-Emissionsreview 2026 aufnimmt. „Klimapolitik funktioniert nur, wenn sie auf Akzeptanz und Umsetzbarkeit setzt. Überzogene Zielwerte helfen dem Klima nicht, sondern gefährden Arbeitsplätze und Wettbewerbsfähigkeit.“
Ein weiterer blinder Fleck im Programm ist aus seiner Sicht die fehlende Überprüfung der Verordnung über Infrastruktur für alternative Kraftstoffe (AFIR), welche Vorgaben zum Ausbau der Ladeinfrastruktur entlang der Europäischen Verkehrsachsen enthält: „Wir müssen dringend prüfen, ob der Ausbau der Lade- und Tankinfrastruktur für alternative Antriebe tatsächlich auf Kurs liegt. Ohne ausreichende Infrastruktur bleibt die E-Mobilität eine schöne Idee, aber keine praktikable Realität. Beim Infrastrukturausbau gibt es heute massive Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten. Das zeigt eigentlich, dass man noch einmal nachjustieren muss.“